Was bedeutet dieses Urteil?

Es gab bereits erstes tolles Feedback zu unserem ersten Beitrag. Hier ein Statement:

“Blackout Austria betreibt Tor-Panikmache”

Weil ein “Richter erstinstanzlich Scheisse gebaut hat, geht die Panikmache los“. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Hier ein kleines Gedankenexperiment: Man stelle sich vor, das Verfahren zieht sich über mehr als anderthalb Jahre, man wird als Angeklagter überwacht, sein Leben wird auf den Kopf gestellt, Finanzen werden geprüft, am Ende der ersten Instanz steht man dann vor dem finanziellen Ruin. Das ist natürlich ein “rein hypothetisches Beispiel”, das nur der Panikmache dient.

Dies bis zur letzten Instanz durchzustehen kann natürlich an finanzielle Grenzen führen. Es ist nicht gesagt, dass aus der Verurteilung eines Tor Exit Betreibers dann folgt, dass automatisch alle Tor Exit Betreiber sich schuldig machen. Es handelt sich schlicht und einfach um einen Präzendenzfall, der ziemlich sicher Rechtskraft erlangen wird.

Wer allerdings im Zuständigkeitsgebiet des Landesgerichtes für Strafsachen in Graz zum Beispiel einen offenen WLAN Hotspot oder ähnliches betreibt, über den ein Nutzer Kinderpornografie auf ein tschechisches Forum hochlädt, gegen den dann im Zuge eines Rechtshilfeverfahrens ermittelt wird, der kann sich dann fragen, wer die Kosten für Anwälte und Sachverständige übernimmt, bis zur letzten Instanz.

Diese Frage würde ich gerne im Rahmen dieser Veranstaltung im Metalab in Wien beantwortet haben. Ebenso könnte man die zukünftigen Vereinsvorstände der Tor Freunde fragen, ob sie nicht gleich pauschal ihr Eigentum auf die anfallenden Prozesskosten verpfänden, für den Fall dass es zu einem Strafprozess kommt, weil, wir wissen ja, das ist alles nur Panikmache, es gibt für Dienstbetreiber kein Risiko, also gibt es auch für Vereinsvorstände kein finanzielles Risiko, oder?

Natürlich ist nicht gesagt, dass etwa das Landesgericht für Strafsachen in Wien nicht zu einem anderen Ergebnis kommt, als etwa das Landesgericht für Strafsachen in Graz, oder Innsbruck. Das Gegenteil ist mit diesem Urteil aber wahrscheinlicher geworden.

Das Problem liegt nämlich in der Urteilsbegründung, bei welcher dem §12 StGB eine höhere Wertigkeit beigemessen wurde, als dem §13 des ECG. Das bedeutet: Ein Dienstbetreiber macht sich mitschuldig, weil er weiß, dass strafbare Inhalte vermittelt werden könnten.

Was also tun?

Nachdem es in Österreich noch keinen Sascha Lobo gibt, der als Repräsentant für die “Netzgemeinde” den Marsch durch die Institutionen antreten möchte, diese Geschichte auch von vermeintlichen Unterstützern als “Panikmache” entlarvt wird, könnte es durchaus sein, dass es sich bei diesem Vorfall um eine weitere Anekdote im Sommerloch der österreichischen Öffentlichkeit handelt.

Es könnte aber auch passieren, dass im Aufwind des Erfolges gegen die Vorratsdatenspeicherung und im Bewusstsein, dass die nächste große Herausforderung bevorsteht, die schweigende Mehrheit der “Netzgemeinde” sich endlich überwindet, und sich überlegt, einen Verein, der sich für EURE Freiheit im Netz einsetzt eine finanzielle Unterstützung bereit stellt. Exemplarisch seien hier die IFNF genannt oder der AK Vorrat, zwei Minivereine, die sich im Kampf gegen die Vorratsdatenspeicherung wirklich mehr verdient haben, als nur den leisen und bewundernden Applaus der netzpolitischen Redakteure und ihrer LeserInnen im Standardforum o.ä.

Das erste Ziel muss sein, bis zum nächsten “Präzedenzfall” ausreichend finanzielle Unterstützung beisammen zu haben, um den Weg durch die Instanzen zu gehen.

Sonst sehen wir uns wieder, bei der nächsten “Panikmache”.

4 comments
  1. Gleiches Recht für Alle!
    Werden jetzt auch die Post, Telekom, IS-Provider, WLAN-Betreiber, gmx.net, gmail, online storage, …… das gesamte Internet, alle öffentliche Orte, verurteilt?
    “§12 StGB … weil er weiß (sie wissen), dass strafbare Inhalte vermittelt werden könnten.”

    Hatte der Beklagte einen weniger qualifizierten Anwalt?

  2. Es muss unbedingt verhindert werden, dass dieses Urteil Rechtskraft erlangt. Was können wir tun?

  3. Das Problem liegt nämlich in der Urteilsbegründung, bei welcher dem §12 StGB eine höhere Wertigkeit beigemessen wurde, als dem §13 des ECG. Das bedeutet: Ein Dienstbetreiber macht sich mitschuldig, weil er weiß, dass strafbare Inhalte vermittelt werden könnten.

    somit wäre doch jedes öffentliche W-Lan in Österreich genau so gesetzeswidrig oder?

    1. so könnte das im nächsten “präzedenzfall” ausgelegt werden.

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